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Interview mit Lars Wichert: Sein Weg zur Weltmeisterschaft.

25 Oct 2024
Interview mit Lars Wichert: Sein Weg zur Weltmeisterschaft.
Foto: © Nils Nielsen

Weltrekord bei der IRONMAN-EM in Hamburg, Abenteuer-Triathlon beim Norseman in Norwegen und Hawaii-Qualifikation in Frankfurt – Lars Wichert blickt auf eine ereignisreiche Saison zurück. Um das Jahr abzurunden, startet der Triathlet und Radsport-Enthusiast am 26. Oktober bei der Weltmeisterschaft auf Hawaii.

Vom späten Einstieg ins Radfahren, über Junggesellenabschiede am Alpe d´Huez bis hin zu seiner Vorbereitung und seinen Plänen für Hawaii – Lars zeigt uns, was es heißt, an die eigenen Grenzen zu gehen und sich immer wieder neu zu motivieren.

„Viele sehen mich nach Hamburg als Favoriten, aber diese Rolle weise ich direkt von mir. Hawaii hat seine eigenen Gesetze.“ 

Foto: © Frank Wechsel
Foto: © Frank Wechsel

Moin Lars. Starten wir erstmal mit einer grundlegenden Frage: Wie bist du zum Radsport gekommen?

So richtig intensiv begann meine Leidenschaft für den Radsport erst relativ spät. Ich bin lange gerudert, zu meiner Routine hat das Radtraining anfangs aber nicht dazugehört. Um 2013 änderte sich das, als mein damaliger Ruderkollege das Radfahren intensiver in seinen Trainingsplan einband. Richtig angefixt hat mich dann 2014 Strava – da war es um mich geschehen und ich habe das Fahrradfahren endgültig für mich entdeckt. Anders gesagt, da war dann das Feuer entfacht.

Was für ein Rad fährst du derzeit – oder eher, wie viele Fahrräder?

Wie man ja sagt: Die Formel zum Glücklichsein beträgt N+ 1. Es gibt da also eigentlich kein Ende mit den Rädern. Das Fahrrad, mit dem ich aktuell am meisten unterwegs bin, ist das Specialized Shiv, das ich aus der Swift Academy mitnehmen durfte. Außerdem habe ich ein Specialized Crux. Das ist von der Geometrie und allem so vielseitig einsetzbar, dass ich es echt richtig lieben gelernt habe. Was mir noch fehlt, ist aktuell ein richtig gutes Rennrad. Da bin ich noch auf dem alten Gios Aerolite unterwegs, das ich damals selbst zusammengeschraubt habe.

 

Foto: © Lars Wichert

Foto: © Lars Wichert

Du wohnst im Süden von Hamburg. Verrätst du uns deine Lieblingsstrecke fürs Radfahren?

Man sagt ja immer, seine Lieblingsstrecke soll man nicht verraten, weil sie dann überlaufen wird. Aber ich denke, die Heide ist längst kein Geheimtipp mehr. Eine meiner liebsten Runden startet bei mir zuhause, geht zweimal quer durch die Heide und führt Richtung Süden. Von Wesel aus fahre ich über Undeloh und Schätzendorf nach Bispingen, dann weiter nach Oberhaverbeck und zurück. Zur Heideblüte ist das wirklich ein Highlight.

Wo wir bei bei Highlights sind: Was war bisher dein schönstes Erlebnis auf dem Fahrrad - abgesehen von deinem Weltrekord natürlich?

Ich habe einen Junggesellenabschied von einem meiner besten Freunde organisiert, bei dem ich auch Trauzeuge war. Wir haben eine mehrtägige Radtour gemacht. Von Freiburg aus sind wir gestartet und dann über Ancy die beiden legendären Anstiege, Col du Telegraph und Col du Galibier hochgefahren. Von da ging es weiter nach Alpe d'Huez. Da haben wir den zweiten Stopp gemacht.

Über den Col de la Croix de Fer sind wir wieder zurück an den Genfer See und nach Freiburg. Das Ganze hat vier Tage gedauert, ein wenig mehr als 1.000 Kilometer und 16.000 Höhenmeter oder so. Aber wir hatten das genialste Wetter, wunderschöne Strecke. Wer die Anstiege kennt, wird mir wahrscheinlich zustimmen.

Das macht mich ganz neidisch! Lass uns zu den Wettkämpfen kommen. Viele wissen das vielleicht nicht, aber du hast schon mal die Cyclassics in Hamburg gewonnen. Hast du geplant, irgendwann nochmal an einem Radrennen teilzunehmen?

Also erstmal muss man sagen, ich habe die Cyclassics inoffiziell gewonnen. Aber ja, ich könnte mir vorstellen, nochmal bei einem Event wie dem ARLBERG Giro oder Ötztaler Radmarathon anzutreten, auch wenn ich nicht gerade das perfekte Gewicht für Bergrennen habe. Diese langen Wettkämpfe liegen mir mehr als beispielsweise kurze Kriterien.

Es scheint ja ein bisschen dein Ding zu sein, sich lange zu quälen. Hast du schon mal über Ultra-Cycling nachgedacht?

Ehrlich gesagt, ja. Mein kleiner Bruder hat dieses Jahr das Race Across Germany in Angriff genommen. Musste das dann nach knapp 800 Kilometern aufgeben, weil ihm der Schaltzug gerissen ist und er wirklich überhaupt keine Möglichkeit hatte, diesen zu reparieren. Da habe ich mich dann auch mal mit dem Thema auseinandergesetzt. Alles, was mit einem Powernap durchzustehen ist, reizt mich schon. Alles darüber hinaus finde ich ein bisschen zu krass. Wenn ich an der Startlinie stehe, möchte ich natürlich auch ums Podium mitfahren. Aber wenn dann dieses Podium bedeutet, ein komplettes Schlafdefizit einzugehen und eine Wesensveränderung zu durchleben, muss das nicht unbedingt sein.

Nach deinem Zieleinlauf bei der IRONMAN-EM in Hamburg sagst du ganz klar, du verzichtest auf die Qualifikation für die IRONMAN-Weltmeisterschaft auf Hawaii. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Der Sinneswandel kam durch Ralf Gentz. Ralf ist ein Freund und Unternehmer, den ich vom Rudern kenne. Nach der EM in Hamburg musste ich ihm erklären, warum ich Hawaii abgesagt habe. Das fand er schade, weil er mich in der aktuellen Verfassung gerne auf Hawaii sehen wollte. Er hat mir angeboten, mich finanziell für Hawaii zu unterstützen und da dachte ich: Wenn Flug und Unterkunft abgedeckt sind, warum nicht?

Nach dem Norseman habe ich dann eh schon mit dem Start beim IRONMAN in Frankfurt geliebäugelt. Da hat es dann mit dem Sieg in meiner Altersklasse geklappt und die Hawaii-Qualifikation war in trockenen Tüchern.

Bleibst du nach dem Wettkampf noch ein bisschen auf Hawaii oder geht’s direkt zurück?

Für mich geht es dann direkt zurück. Nicht am selben Tag, aber am nächsten. Sonst laufe ich Gefahr, dass ich zum Jubiläumsgeburtstag meiner Frau nicht zu Hause bin. So komme ich vormittags in Hamburg an und wenn alles glattläuft, kann ich mit meiner Frau feiern.

Dann drücke ich dir jetzt schonmal die Daumen mit dem Jetlag. Wie zufrieden bist du denn mit deiner Vorbereitung?

Für meine Verhältnisse bin ich ganz zufrieden. Klar, es gab Wochen, in denen ich noch mehr hätte rausholen können, aber insgesamt bin ich nach Frankfurt glücklich mit meinem Training. Ich hoffe, dass die Wettkampfform stimmt.

Die Erwartungshaltung ist natürlich groß, gerade nach deiner Weltbestzeit in Hamburg. Was hast du dir für Hawaii vorgenommen?

Viele sehen mich nach Hamburg als Favoriten, aber diese Rolle weise ich direkt von mir. Hawaii hat seine eigenen Gesetze. Wenn ich dort unter die Top 5 komme, wäre ich mega glücklich und würde das sofort unterschreiben. Aber das Wichtigste ist, dass ich Spaß habe und am Ende zufrieden in den Spiegel blicken kann. Mal schauen, was Kona so mit sich bringt.

Foto: © Felix Pams

Foto: © Felix Pams

Ich habe öfter gehört, dass du dein Trainingspensum relativ hältst, um eine gute Balance zu deiner Familie und deinem Privatleben zu schaffen. Alleine Radfahren ist ja recht zeitintensiv, ohne dass man schwimmt und laufen geht. Wie sah deine Vorbereitung speziell fürs Radfahren aus?

Der Fokus beim Radfahren liegt auf den wesentlichen Einheiten, also die Einheiten mit Race Pace. Ich habe versucht, die langen Ausfahrten zu machen, zweimal drei Stunden, davon zweimal eine Stunde in Race Pace mit kurzen Pausen. Man kann grob sagen, dass 50 Prozent meines Trainingspensums auf dem Rad stattfinden. Das heißt, ich bin ungefähr fünf bis sechs Stunden meiner Gesamttrainingszeit mit dem Rennrad unterwegs.

Welche Rolle spielt denn das Radfahren in deinem Triathlon-Gesamtkonzept?

Der erholsamste Teil ist es auf jeden Fall nicht, weil es der Teil ist, wo ich den ganzen Zeitrückstand vom Schwimmen wieder aufholen muss. Aber schon so der wettkampforientierteste, wo ich möglichst viele Plätze gut mache, um weit nach vorne zu kommen und die ein oder andere entscheidende Attacke zu fahren.

Wie du selbst sagst, hält dich das Schwimmen vom Schritt zu den Profis ab. Wie professionell setzt du dich mit deinem Equipment und Themen wie Ernährung und Aerodynamik auseinander?

Ernährung ist halt wirklich das A und O. Man sagt ja immer, entweder der Wechsel oder die Ernährung sind die vierte Disziplin. Wenn die Ernährung über den Wettkampf nicht funktioniert, dann kann es ganz schnell nach hinten losgehen. Das musste ich auch schon auf Hawaii erfahren, wenn da die Ernährung nicht passt, funktioniert das Gesamtsystem nicht. Diese Saison habe ich mit Powerbar einen guten Mix gefunden. Ähnlich ist es mit dem Material, gerade beim Fahrradfahren muss halt auch schon vieles in die richtige Richtung laufen. Ich glaube, 180 Kilometer lassen sich mit einer absolut schlechten Sitzposition nicht ermöglichen. Was die Aerodynamik angeht, gibt es bestimmt noch Luft nach oben. Ich hatte über die Swift Academy die Chance, einmal im Windkanal zu sein. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich sehr gerne noch etwas mehr herumtesten - ob auf der Bahn oder im Windkanal, ist mir egal.

Lass uns zum Schluss einen Blick in die Glaskugel werfen. EM in Hamburg, Norseman, Frankfurt und jetzt noch Hawaii – was hast du für 2025 im Blick?

Ich habe mich mit nächstem Jahr noch nicht wirklich auseinandergesetzt. Ein paar Sachen habe ich aber natürlich im Kopf: Ich hätte mega Bock auf ein Gravel-Rennen. Ich glaube, da geht es echt noch mal ganz anders ab. Wer die WM gesehen hat, weiß, dass das Niveau derzeit enorm ist – auch im Altersklassenbereich.

Im Triathlon liebäugle ich mit dem IRONMAN Lanzarote, einer der härtesten Wettkämpfe. Und dann natürlich die Weltmeisterschaft in Nizza, wegen der schönen und sehr anspruchsvollen Radstrecke. Aber erstmal bringe ich Hawaii hinter mich und bespreche dann mit der Familie, was für nächstes Jahr drin ist.

Hauptberuflich bist du Journalist. Daher muss ich fragen: Welche Frage hättest du dir selbst noch gestellt?

Die Klassiker-Frage lautet ja immer: „Was treibt dich an?“

Wunderbare Frage! Die darfst du gerne noch beantworten.

Was treibt mich an? Es ist die Leidenschaft, immer zu schauen, was möglich ist. Es geht gar nicht so um den Wettkampf gegen andere, sondern um das, was man aus sich selbst herausholen kann – das treibt mich an, besonders bei langen, abenteuerlichen Events wie dem Norseman. Da den ganzen Tag diese Leistung und alles Unvorhersehbare mit sich auszumachen. Das ist, was mich antreibt.

Vielen Dank Lars! Ich brülle dich am 26. von zu Hause in die Top 5. Viel Erfolg, viel Spaß. Ciao.

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